Analyse - Drei Thesen zur Essener Schullandschaft

WAZ | 26.02.2014 |

Essen. Nach den Anmeldungen fürs Schuljahr 2014/15: Womöglich ist in Rüttenscheid der Ganztagsbetrieb schwerwer zu etablieren als anderswo. Dass die ehemalige BMV-Mädchenschule Jungen nimmt, spüren andere Schulen ganz erheblich. Realschulen könnten Probleme bekommen.

Die Anmeldezahlen fürs Schuljahr 2014/15 haben keine neuen Schocks gebracht -- nachdem in den letzten Jahren das Auslaufen der Gesamtschule Süd beschlossen werden musste und die Schirrmann-Realschule in Katernberg verschwand, sie ist heute Standort der Krayer Dinnendahl-Realschule.

Angesichts demnächst leicht steigender Schülerzahlen wähnt man sich bei der Schulverwaltung in Sicherheit: Keine Schließungen erforderlich! Die Zahlen lassen nach derzeitgem Erkenntnisstand folgende Thesen zu:

1. In Rüttenscheid ist der verbindliche „Ganztag“ an weiterführenden Schulen offenbar schwerer zu etablieren als anderswo. Das Maria Wächtler-Gymnasium (minus 33 Schüler im Vorjahresvergleich) und die Bertha-von-Suttner-Realschule (minus 15) sind seit wenigen Jahren Ganztagsschulen. Beide liegen in Rüttenscheid. Anderswo verzeichnen Ganztagsschulen bessere Ergebnisse: Das Gymnasium Überruhr konnte zulegen, die Gertrud-Bäumer-Realschule (Altenessen) schnitt wie gewohnt stark ab. „Wir haben nicht deutlich machen können, dass unser Ganztag nicht nur Übermittags-Betreuung ist, sondern echter Ganztag“, sagt Ortrud Eilert, die Leiterin der von-Suttner-Realschule. „Ich bin weiter sicher, dass das Konzept richtig ist.“

Auch Elmar Prinz, Leiter des Wächtler-Gymnasiums, ist sicher, dass Ganztag weiter der richtige Weg ist: „Viele Eltern wählen das bewusst aus. In den südlichen Grundschulen übersteigt die Ganztags-Nachfrage bei weitem das Angebot.“ Trotzdem wolle er über die eine oder andere „Stellschraube“ nachdenken, um auf Elternwünsche künftig stärker eingehen zu können. Den höchsten Zuwachs übrigens verzeichnet auch eine Ganztagsschule: Das Nord-Ost-Gymnasium im Nordviertel. „Unser Team hat ganze Arbeit geleistet, die Kontakte zu den Grundschulen sind sehr gut“, sagt Schulleiter Udo Brennholt. Schulen mit deutlichem Anmelderückgang müssen übrigens nicht mit einem kurzfristigen Abzug von Lehrern rechnen, weil auf dem Papier nun zu viele Stellen stehen.

2. Dass das BMV-Gymnasium seit zwei Jahren auch Jungen nimmt, spüren die anderen Schulen jetzt deutlich. Ein Drittel der Anmeldungen an der ehemaligen Mädchenschule sind bereits von Jungen – mehr als 60 Kinder. Die fehlen natürlich: bei Maria Wächtler, aber auch am Gymnasium Werden oder am „Goethe“ in Bredeney. Beide Schulen hatten – auf hohem Niveau – leichte Einbußen.

3. Die Realschulen sind die Sorgenkinder von morgen, wenn sie nicht aufpassen. Zwar findet Jürgen Häckert, stv. Sprecher der Realschulen, die Zahlen „sehr zufriedenstellend“, aber: drei von 13 Realschulen haben die erforderlichen 52 Anmeldungen nicht erreicht (West, Suttner, Kettwig). Umverteilungen werden das hinbiegen. Häckert ist sich aber sicher, die Schulform habe kein strukturelles Problem.Weil in den nächsten Jahren leicht steigende Schülerzahlen zu erwarten sind, könnte das stimmen. Noch.

Martin Spletter  
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